„Arbeite doch einfach etwas weniger.“ - Der Job und die Schwangerschaft
Jetzt war ich also “offiziell “ schwanger und berufstätig. Etwas nicht ungewöhnliches und doch stellte es mich selbst und meinen Arbeitgeber vor große Herausforderungen. Ich arbeite bei einer Stadt, bin also im öffentlichen Dienst tätig aber nicht verbeamtet. Im Angestelltenverhältnis werden sich wohl die meisten von uns befinden und somit in einer ähnlichen Situation sein. Nach den ersten 12 Wochen wird empfohlen den Arbeitgeber über die Schwangerschaft zu informieren. Wie der Arbeitgeber darauf reagiert dürfte jedoch sehr unterschiedlich sein. Ich möchte vorab jeder empfehlen sich über die Rechte einer Schwangeren zu informieren. Unter anderem wegen Corona können sich hier Dinge noch einmal geändert haben.
Man ist erstmal nicht verpflichtet seinen Arbeitgeber zu informieren, aber aufgrund der Gesetzeslage kann es sehr empfehlenswert sein dies bereits nach der 12. Schwangerschaftswoche zu tun. So ist der Arbeitgeber zum Beispiel verpflichtet eine ganze Reihe von Vorkehrungen zu treffen. So muss sicher gestellt werden, dass der Arbeitsplatz Schwangerengerecht ist. Also eine Arbeit mit beispielsweise Chemikalien ist in der Regel nicht gestattet. Es kann auch sein, dass der Frauenarzt direkt ein Beschäftigungsverbot ausspricht. Dies ist zum Beispiel bei Kindergärtnerinnen für U-3 der Fall. Sprecht am besten mit eurem Frauenarzt über eure berufliche Situation und schildert euren Arbeitsalltag. Wenn ihr in einem größeren Unternehmen seid wird es gegebenenfalls nötig den Betriebsarzt aufzusuchen. Dieser begutachtet den Arbeitsplatz ebenfalls auf Tauglichkeit für euch. Ganz wichtig ist hier zu wissen, dass die Schweigepflicht auch für ihn gilt! Also wenn es Bedenken oder ähnliches gibt, besprecht diese ruhig. Was viele ebenfalls nicht wissen: Arztbesuche zur Kontrolle beziehungsweise in Zusammenhang mit der Schwangerschaft sind Arbeitszeit! Im Allgemeinem ist das Recht auf der Seite der Schwangeren. Deshalb informiert euch ausführlich und traut euch auf eure Rechte zu bestehen. Es wird oft genug vorkommen, dass euer Arbeitgeber garnicht weiß was für Rechte ihr und welche Pflichten er hat.
Neben dieser schönen Theorie, in der einer schwangeren Frau die Arbeit so angenehm wie möglich gestaltet werden soll, gibt es natürlich noch die praktische Realität. In dieser sieht die Welt oft ganz anders aus. Ich selbst hatte Glück. Zwar war mein Chef reichlich schockiert, doch nachdem er den Schock überwunden hatte überwog bei ihm und meinen Kollegen die Freude für mich und meine Familie. Nachdem ich mich informiert hatte und meinem Arbeitgeber offen gesagt habe, was ich brauche, habe ich auch alles bekommen. Das war wirklich super, ist aber leider nicht die Regel. Dennoch habe auch ich zum Teil viel zu viel gearbeitet. Meine Schwangerschaft war nicht zu anstrengend, aber auch nicht besonders einfach. Nachdem ich die ersten Wochen starke Einnistungsschmerzen hatte, hatte ich auch über die ersten drei Monate hinaus mit starker Übelkeit zu kämpfen, leider hatte ich auch eine Blutung (nichts ungewöhnliches) und meine Tochter war immer sehr klein, weswegen ich zahlreiche zusätzliche Kontrolltermine hatte. Dementsprechend war es schon dafür gut zu wissen, dass Arzttermine Arbeitszeit sind. Wie auch immer. Die meiste Zeit war ich gerne arbeiten. Ich mag meine Arbeit und vieles bereitet mir große Freude. Ein Teil meiner Arbeit ist es jedoch auch Ansprechpartnerin für Kolleginnen und Kollegen zu sein und dieser Teil war je nach tagesform meinerseits schwierig. Wenn man beispielsweise auf Toilette muss, was als Schwangere wahrscheinlich häufiger der Fall ist als sonst, ist es nötig zu gehen. Ich wurde auf dem Weg meistens abgefangen und mit Problemen konfrontiert. Entweder muss man seine Kollegen dann um einen Moment Geduld bitten oder früher los gehen beziehungsweise häufiger. Natürlich haben die Kolleginnen immer einen Moment Geduld. Wenn jedoch gerade auch Kunden mit einem Problem da sind, kann es leider schon einmal auf Unverständnis stoßen. Steht da einfach drüber oder nehmt den zweiten Lösungsansatz. Was schwieriger ist, ist wenn man Vertrauensperson ist und man in kleinere oder auch größere Bürostreitigkeiten verwickelt oder als Schlichterin involviert ist. Da die Hormone bei mir sowieso am kochen waren, hat mich dieser Teil meiner alltäglichen Arbeit sehr mitgenommen und ich habe die ganzen Streitigkeiten mit nach Hause gebracht. Was nicht gut war. Auch die Tatsache, dass ich (sehr klassisch für den öffentlichen Dienst) in einer unterbesetzten und überarbeiteten Abteilung tätig bin, hat mich sehr gestresst und deshalb möchte ich allen, auf die das so oder so ähnlich zutrifft, raten: tretet kürzer. Am Ende hatte ich noch so viele Überstunden und Urlaub, dass ich schon Wochen vor meinem Mutterschutz aufgehört habe zu arbeiten. Natürlich kamen immer wieder die gut gemeinten Ratschläge „Dann arbeite doch einfach etwas weniger!“ aber mal ehrlich wie soll man das denn machen? Es gibt die Möglichkeit sich krank schreiben zu lassen - wenn man krank ist. Abgesehen davon finde ich, dass es wenig Spielraum in den meisten Positionen gibt um einfach mal „etwas weniger zu arbeiten“. Das ist ja auch nur logisch, schließlich hat man ja eine Arbeit, weil diese getan werden muss und in der Regel ändert sich ihr Pensum nicht nach Gemüts- oder Gesundheitszustand. Solltet ihr zu den Glücklichen gehören, bei denen es doch so ist und das Pensum ist variabel, dann „arbeitet ruhig etwas weniger“ und konzentriert eure Kraft und Energie auf das Wunder, das ihr wachsen lasst! Aber: wenn ihr für eure Arbeit brennt und es euch gut tut genauso viel oder mehr zu machen, dann tut es. Ihr werdet sehr bald ein vollkommen anderes Leben führen und wahrscheinlich wird arbeiten nicht mehr eure erste oder zweite Priorität sein. Es kann auch schön sein, seinen inneren Workaholic noch einmal auszuleben. Während ich bei meinem Arbeitgeber eher diejenige mit Informationen und Wissen war, hat mich meine Frauenärztin super mit Informationsmaterial ausgestattet und war eine wunderbare Stütze. An dieser Stelle möchte ich empfehlen zu allen empfohlenen Untersuchungen zu gehen und sich dafür ruhig alle Fragen zu notieren und ihre Ärzte damit zu löchern, Das ist der Job von Ärzten und die meisten machen es gerne. Es sei noch angemerkt, falls ihr euch bei eurem Arzt nicht gut aufgehoben fühlt, wechselt ihn! Es gibt viele wunderbare kompetente Ärzte aber auch viele inkompetente… Besonders wenn es um eure UND die Gesundheit eures Kindes geht solltet ihr eurem Arzt voll und ganz vertrauen!
Neben dem Job gibt es natürlich auch noch viele andere Arten von Arbeit, allen voran die Hausarbeit, Arbeit für die Schule oder das Studium, Arbeit für ein Hobby oder eine Nebentätigkeit. Auch hier gilt: meistens kann man die Arbeit nicht so einfach reduzieren, wenn doch und ihr das möchtet, dann tut es und macht das was euch Freude macht oder genießt es auch hier, euch noch einmal voll auf etwas zu konzentrieren oder eine Nacht durchzumachen weil ihr am Tag so viel schlafen könnt wie ihr wollt - bald wird das nicht mehr gehen. Es ist also wie immer: es gibt viele Ansichten, noch mehr Ratschläge doch am Ende wisst ihr was für euch und euren ungeborenen Schatz das richtige ist!
Noch ein paar nützliche Links: